Kevin Kühnert hatte schon immer das „Kümmerer-Gen“ und war der erste seiner Familie, der mit 16 Jahren in eine Partei eingetreten ist. Seit Dezember vergangenen Jahres ist er Bundesvorsitzender der Jusos, der Jugendorganisation der SPD. Obwohl der Job härter und zeitfüllender sei als gedacht, mache er ihn gerne. Denn „man kann ja nur einmal im Leben der Vorsitzende einer Jugendorganisation sein“. Dabei spricht er von sich selbst als dem „harmlosesten Juso-Vorsitzenden“ seit Jahrzehnten. Er setze auf Diskussion und nicht auf Konfrontation. Sein Verhältnis zur Bundesvorsitzenden Andrea Nahles sei daher entsprechend gut: „Die Art und Weise des Umgangs in der Politik aktuell ist fragwürdig. Man spricht auch intern abfällig über die Spitze der SPD. Das ist nicht angemessen. Man sollte Andrea Nahles Zeit geben, sich in ihre Funktion einzufügen.“ Doch Roths Gast gibt sich betont kämpferisch. Wenn man möchte, dass die Leute SPD wählen, dann müsse man offen diskutieren, um die Gesellschaft besser zu machen. Wenn es ernsthaft und leidenschaftlich zur Sache gehe, fasziniere das die Leute. Seine Botschaft an Neumitglieder in der SPD ist klar: „Mischt den Laden auf!“
Eine ernste politische Gefahr sehen sowohl Roth als auch sein Gast in der AfD und dem damit verbundenen Rechtsruck in der Gesellschaft. Wer sich für die AfD in ein Parlament wählen lasse, bekenne sich bewusst zu deren Rattenfänger-Parolen und vertrete teilweise rechtsextremes, rassistisches Gedankengut. Anders sieht es aus Sicht Kühnerts bei deren Wählerinnen und Wählern aus. Viele seien nicht Rechtsaußen, sondern enttäuschte Bürgerinnen und Bürger. Gerade für diese Menschen brauche es klare Botschaften, die auch ihre persönliche Verantwortung für unsere Demokratie aufzeigen. Hinzu komme, dass das Gefühl vermittelt werde, die Politik verliert zunehmend die Macht, Globalisierung menschlich zu gestalten. „Wir müssen jetzt zeigen, dass die Politik noch die Kraft hat, Missstände zu verändern“, gibt Kühnert zu bedenken. „Wir müssen Haltung zeigen, weniger Kleinklein!“ Eine klare Haltung bestätigte Kühnert der hessischen Sozialdemokratie. Sie setze auf die richtigen Themen im Wahlkampf. Mit dem Schwerpunkt Bildung trifft nicht nur die heimische SPD-Kandidatin Karina Fissmann, sondern auch den SPD-Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel im Land den richtigen Akzent. „Ich finde es gut, dass die SPD in Hessen gebührenfreie Bildung einführen möchte, was es in Berlin schon lange gibt. Bildung ist ein Grundrecht. Die Kleinsten müssen uns was wert sein, sie sind unsere Zukunft“ so Kühnert. „Kostenlose Bildung, von der KiTa bis zum Meister ist eine ursozialdemokratische Forderung. Das ist keine Frage der Kassenlage sondern eine des politischen Willens“, ergänzt Roth.