Tante Emma und ihre Enkel

In der Ringgauer Landkäserei berichtet Gerd Hoßbach (links) vom schwierigen Erfolgsprojekt der Werraland-Werkstätten.
Zu Besuch bei einer Hausgemeinschaft im AWO-Altenzentrum Sontra (hintere Reihe v.l.n.r.): Einrichtungsleiterin Silke Aßhauer, Michael Roth, Alexander Schweitzer, AWO-Geschäftsführer Michael Schmidt und Pflegedienstleiterin Susann-Kathrin Jeanrond
Der Rheinland-Pfälzische Sozialminister Alexander Schweitzer (3.v.r.) und Bundestagsabgeordneter Michael Roth (4.v.r.) besuchen innovative Demographieprojekte im Werra-Meißner-Kreis wie den Marktwert in Datterode mit Bürgermeister Klaus Fissmann (2. v.r.)

SONTRA – RINGGAU. "Wir sind eigentlich Tante Emmas Enkel", stellt Matthäus Mihm, der Chef des Vereins "Aufwind" den Marktwert in Datterode vor. Der Rheinland-Pfälzische Sozialminister Alexander Schweitzer war auf Einladung des Bundestagsabgeordneten Michael Roth in den Werra-Meißner-Kreis gekommen, um sich anzuschauen, wie man sich in unserer Region auf eine älter werdende Gesellschaft vorbereitet. "Unsere beiden Bundesländer sind von der Struktur gar nicht so verschieden. Gerade das ländliche Nordhessen erinnert mich stark an meine Heimat", stellt Schweitzer große Ähnlichkeiten fest.

Mit dem Marktwert in Datterode können Matthäus Mihm und sein Kollege Hartmut Kleiber dem Pfälzer Minister ein vielfach ausgezeichnetes Projekt präsentieren, das wohnortnahes Einkaufen mit einem Bürgerzentrum und dem Angebot an Gesundheitsleistungen verbindet. Bürgermeister Klaus Fissmann hebt die große Verbundenheit der Datteröder mit ihrem Markt hervor: "Das Projekt liegt uns am Herzen. Das sieht man gerade zur Zeit, wo zahlreiche Ringgauer für den Erhalt des Bankenangebots vor Ort protestieren." Schweitzer ist beeindruckt von der Vielfalt der Angebote und als er im Einkaufsmarkt noch Wein aus seinem Wahlkreis in den Regalen findet, auch restlos von der Qualität überzeugt.

Ein bisschen weiter, in der Ringgauer Landkäserei, verbinden die Werraland-Werkstätten den Erhalt ländlicher Einkaufsstrukturen mit der Schaffung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung. "Dabei wurden wir zu Anfang verlacht", erzählt der Leiter Gerd Hosbach den Politikern Schweitzer und Roth. "Keiner hat uns geglaubt, dass behinderte Menschen so sorgfältig und konzentriert arbeiten können, wie es in einer Käserei notwendig ist." Mittlerweile habe man auch Mitarbeiter, die als Produktionsassistenten die schwierige Arbeit mit Begeisterung meistern. "Wie könnten noch mehr als die derzeit 100.000 Liter Milch verarbeiten", denkt Hosbach über eine gute Zukunft für die Käserei mit Abnehmern in ganz Deutschland nach. Roth, der die Arbeit von "Aufwind" und "Werraland-Werkstätten" seit vielen Jahren begleitet, stellt die gute Zusammenarbeit mit den Kommunen in den Vordergrund: "Es sind engagierte Bürgermeister wie Klaus Fissmann, die sich aktiv um die Nutzung leer stehender Gebäude kümmern, die Kontakte knüpfen und mit ihren Ideen unsere Region voranbringen", so Michael Roth.

Und auch das Seniorenheim der AWO ist an diesem Tag eine ganz besondere Station für Minister Schweitzer, der das innovative Zusammenleben in Hausgemeinschaften in Sontra erlebt. "Eine Zentralküche, wo alles für unsere Bewohner zubereitet wird, werden Sie bei uns nicht finden. Hier wird noch selbst gekocht und es macht allen viel Spaß", so AWO -Geschäftsführer Michael Schmidt. "Wenn ältere Demenzerkrankte noch gefordert werden, kochen können und Bettwäsche falten, dann steigert das das Selbstwertgefühl und die Fitness enorm", weiß Pflegedienstleiterin Susann-Kathrin Jeanrond aus ihrem Arbeitsalltag zu berichten. Für Schweitzer ein Vorzeigeprojekt, obwohl er auch Entwicklungsmöglichkeiten für Hessen sieht. So ist er sich mit Geschäftsführer Michael Schmidt einig, dass Hessen eine Rekommunalisierung in der Altenpflege brauche: "Es sollte den Städten und Landkreisen vorbehalten bleiben, selber dafür zu sorgen, welche Einrichtungen gebraucht werden. Nur so schafft man es, für jede Region eine gute Versorgung im Alter hinzukriegen", so Schweitzer, dessen Heimatbundesland sich diesen Aufgaben bereits seit längerer Zeit intensiv widmet.

Fotos: Markus Teglas