

HAUNECK BAD HERSFELD. Der Andrang im Bürgerhaus Unterhaun ist groß. Zahlreiche Zuhörer sind gekommen, um einer Frau zuzuhören, die kein Mandat, dafür aber viel Ausstrahlung besitzt und deren Meinung etwas zählt. Gesine Schwan, derzeit Präsidentin der Humboldt-Viadrina School of Governance in Berlin, hat durch ihre zweimalige Kandidatur für das Amt der Bundespräsidentin viel Bekanntheit und Anerkennung gewonnen. Die Leute fragen mich immer, ob das nicht für mich eine Belastung gewesen war. Das war es natürlich überhaupt nicht, denn was kann es Schöneres geben als für Demokratie und Freiheit zu werben und ein Amt anzustreben, mit dem man der Demokratie einen großen Dienst erweisen kann?", so Schwan.
Die Berliner Politikwissenschaftlerin war schon früh eine anerkannte Wissenschaftlerin, die sich um ein solidarisches Europa und ganz besonders die deutsch-polnischen Beziehungen verdient gemacht hatte. Auf gesellschaftlicher Ebene ist das Verhältnis zwischen Deutschen und Polen gar nicht so schlecht. Aber die leidvolle Geschichte und die Zerstörungswut der Nazis in Polen haben tiefe Spuren hinterlassen. Als Professorin gehört Gesine Schwan immer noch zu einer Minderheit im deutschen Universitätswesen und auch die Politik geht mit Frauen zuweilen anders um als mit ihren männlichen Kollegen, weiß die Sozialdemokratin Schwan zu berichten. Meine erste Kandidatur als Bundespräsidentin hat mir bei sehr vielen Menschen Sympathie eingebracht. Aber bei meiner zweiten Kandidatur waren einige der Auffassung, als Frau gehörte es sich nicht, gegen einen amtierenden Bundespräsidenten anzutreten. Einmal habe ich sogar die Warnung gehört: ,Lehnen Sie sich als Frau nicht so weit aus dem Fenster."
Vor dem ,Kaffeeklatsch‘ hatte Schwan auf ihrer Reise durch den Wahlkreis von Michael Roth noch in Bad Hersfeld Halt gemacht, um sich das Mitmachmuseum ,wortreich‘ anzuschauen. Eine wirklich einzigartige Ausstellung, wie sie findet. Und auch der große Spaß, den ihr das Ausprobieren der Exponate macht, merkte man der 70jährigen deutlich an.