
Endlich zeigt auch der Kommissionspräsident Einsicht. Offenkundig war der Besuch von Barroso in seinem Heimatland Portugal heilsam. Vielleicht haben ihm aber auch die dramatischen Entwicklungen in Griechenland oder Spanien aufgezeigt, dass eine alleinige Politik des Kürzens und Sparens die wirtschaftlichen und sozialen Probleme eher noch verschärft als behebt.
Umso verwunderlicher ist, dass der Kommissionspräsident nun den Eindruck erweckt, als hätte er mit Europas Misere nichts zu tun. Schließlich gehört auch die Kommission der Troika an, die die jeweiligen Programme mit den notleidenden Ländern verhandelt. Die Kommission ist somit mitverantwortlich für Massenarbeitslosigkeit, fehlende Perspektiven junger Menschen und soziale Verwerfungen. Die Kommission muss endlich nicht nur mit Worten, sondern auch durch konkretes Handeln gegensteuern: ein Programm für Wachstum und Beschäftigung und vor allem Maßnahmen im Kampf gegen die beschämend hohe Jugendarbeitslosigkeit. Die von den Staats- und Regierungschefs beschlossenen sechs Milliarden Euro für sieben Jahren sind nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Barrosos Äußerungen sind aber auch ein Beleg für die zunehmende Abkehr von der einseitigen Krisenstrategie der schwarz-gelben Bundesregierung. Die Bundeskanzlerin und ihr Finanzminister weigern sich weiter standhaft, die richtigen Konsequenzen aus dem Scheitern der verheerenden Sparpolitik zu ziehen. Der Kommissionspräsident hat die Zeichen der Zeit dagegen offenkundig erkannt. Es bleibt zu hoffen, dass die Kommission sich künftig stärker als Korrektiv innerhalb der Troika einbringt und verhindert, dass die Krisenstaaten über strikte Auflagen immer tiefer in Rezession und Sozialabbau getrieben werden.